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Training
Nr.
87 Paralipomena III
+ Da diese Seiten mehr feuilletonistischen
Charakter haben, sei es mir erlaubt, zu einem Problem Stellung zu
nehmen, das ich oft höre – und zwar in persönlichen
Gesprächen ebenso wie mit Bezug auf meine Bücher
und die Website. Das lautet etwa so:
"Das meiste, was Du sagst und erklärst,
kann ich voll unterschreiben, manches ist mir dadurch erst richtig
klar geworden Aber: Bei einigen Punkten bin ich ganz anderer Meinung,
und ich weiß nicht, was ich davon halten soll."
Meine Antwort darauf:
"Kein Grund zur Aufregung, das ist die natürlichste
Sache von der Welt. Es gibt viele Gründe."
A. Echte Fehler
Druckfehler sind niemals ganz zu vermeiden und
viel häufiger als man denkt.
Eine falsche Ziffernfolge im ersten Band bei den Vorband-Ecken-Whipouts
konnte ich zum Glück zu Beginn des zweiten Bandes noch korrigieren.
Wenn ich heute die Bände wieder einmal durchsehe, finde ich
immer noch kleinere - gottseidank nicht sinnenstellende - Fehler
bei Texten und Zeichnungen.
Denk-, Berechnungs- und Beobachtungsfehler lassen
des weiteren grüßen.
Zum Beispiel finden sich in den Büchern von Hoppe und Ceule-mans,
denen ich im übrigen größte Hochachtung zolle, manche
Beispiele, bei denen man bereits mit Lineal und Bleistift nachweisen
kann, dass sie nicht stimmig sind. Selbst Verworst ist nicht frei
von kleineren Inkongruenzen.
Was falsche Beobachtung angeht, so hätte schon von Anfang an
beim Hoppe/Conti Vorband-System genaueres Hingucken genügt,
um festzustellen, dass die tatsächlichen Ankünfte an der
dritten Bande zum größten Teil entweder länger oder
kürzer ausfallen als der Formel entspricht. So könnte
ich seitenweise fortfahren.
Deshalb bin ich auch sicher, dass man mir selbst hier und da ähnliches,
wenn auch vielleicht etwas subtiler, vorhalten könnte.
Wir sollten uns aber auch an den Aphorismus von Lichtenberg erinnern:
"Wenn ein Buch und ein Kopf zusammenstoßen und es klingt
hohl, muss es nicht immer das Buch sein."
M. a. W. der Fehler kann natürlich auch beim Leser liegen,
wenn er etwas nicht richtig verstanden hat.
B. Unterschiedliches Material, individuelle Stoßart
Insbesondere bei kurzen und bei extralangen
Tischen stimmen die Linien nicht mit dem üblichen Standard
überein, so dass Anpassungen gemacht werden müssen oder
sogar das betreffende Dessin sich in der vorgeschlagenen Art gar
nicht spielen lässt.
Ähnlich ist es mit der individuellen
Stoßart. Manche Aufgaben, die der eine nur mit größten
Schwierigkeiten löst, bereiten einem anderen Spieler überhaupt
kein Problem. Bei bestimmten Positionen hat der eine ständig
Konter, der andere nicht – wohlgemerkt, ohne dass man am Stoß
und/oder an der Antreffdicke an B 2 sofort ablesen könnte,
wo die Ursache liegt. Natürlich bestehen Unterschiede, aber
welche Wirkungen jemand mit seinem Stoß erzielt, lässt
sich zwar am Ergebnis ablesen, der Außenstehende sieht es
oft nicht, und sogar der Spieler selbst spürt es teilweise
auch nicht richtig. Hinzu kommt, dass mancher anders anzeigt als
er dann schließlich abstößt.
Man tut also in problematischen Fällen gut daran, die Sauberkeit
und den Wirkungsgrad des eigenen Stoßes zu überprüfen,
bevor man den ange-zweifelten Ratschlag ganz in Frage stellt.
C. Ratschläge und Meinungen
Hier drängt sich am häufigsten Widerspruch vor.
Immer wenn jemand Anweisungen oder Ratschläge gibt, tut er
letztlich doch nichts anderes als seine eigene Meinung zu äußern,
welche die Quintessenz persönlicher Erfahrungen darstellt.
Aber der Leser hat möglicherweise andere
Erfahrungen gemacht. Es hängt also zunächst einmal
von der Qualität des Autors ab, wie sehr man sich auf ihn verlassen
will und kann.
Hinzu kommt, dass ein bestimmter Rat für den einen Spieler
hervorragend sein kann, für andere jedoch das Gegenteil möglicherweise
richtig ist.
Einige Beispiele:
Fast generell wird als Standardstoß das lange Nachfolgen propagiert.
Es gibit aber manche Spieler, die in bestimmten Situationen mit
verkürztem Vorstoß besser zurecht kommen.
Bei langen Rundbällen beobachtet man 2 Hauptvarianten: Stets
1/2-volles Treffen von B 2 + ggf. etwas Gegeneffet – oder
aber dünnes bis sehr dünnes Nehmen von B 2 + unter-schiedliche
Grade von Laufeffet (tatsächlich muss man beides beherrschen,
u.a. zwecks Ausschaltung von Konter).
Ähnlich bei Einfach- und Doppel-Querpendlern in Richtung kurze
Bande, wenn B 1 "zwischen" B 2 und B 3 liegt: Entweder
generell ca. halbvolles Treffen + wenig oder kein Laufeffet –
oder dünnes Treffen + stärkere Laufeffetregulierung.
Die Beispiele – auch und gerade bei
Vorschlägen zur richtigen Dessinwahl – könnten
unbegrenzt fortgesetzt werden. Zwar gibt es jeweils "herrschende
Meinungen" unter den Spitzenspielern, aber immer wieder auch
"ab-
weichende" Meinungen. Schauen Sie sich in diesem Zusammenhang
einmal die Tafeln 76 - 78 dieser Website über die Anwendung
von Systemen an.
Wie sollen Sie sich da verhalten?
Wenn Sie mit irgend einem besprochenen Aspekt keine Probleme haben,
überschlagen Sie sofort das Kapitel (vor allem auch bei der
Psychologie), denn schlafende Hunde soll man
nicht wecken.
Haben Sie echte Schwierigkeiten, sollten Sie zunächst einmal
Ihre augenblickliche Situation, am besten unter Zuhilfenahme von
dritter kompetenter Seite, analsysieren: "Was genau mache ich
da eigentlich?" Oft ist man sich nämlich gar nicht klar
darüber, wie man Stoß oder Dessinwahl tatsächlich
vornimmt. Nicht selten genügt es, erkannte Fehler oder falsche
Entscheidungen einfach abzustellen.
Löst sich das Problem so nicht, würde ich als erstes auf
den Rat der Weltklasse-Spieler hören –
aber wo bekommen Sie den jeweils? und was machen Sie,
wenn ganz unterschiedliche Meinungen vertreten werden? –
mein Verhalten entsprechend ändern und das dann mindestens
für mehrere Wochen, besser noch Monate, so beibehalten (und
mich von zeitweiligen Rückschlägen nicht beirren lassen),
bevor ich u. U. doch auf ein anderes Modell umschwenke. Merke:
Häufiger Modell-Wechsel ist tödlich!
Andererseits darf die Vielzahl der Möglichkeiten Sie nicht
schrecken: "That's life!"
Die Suche nach dem idealen Stoß und der idealen Spielweise
ist Illusion – es lebe die Individualität.
Ratschläge dürfen und müssen ganz verschieden ausfallen
je nach Spielstärke, Lernbereitschaft, indi-vidueller Veranlagung
etc. Jeder macht Entwick-lungsphasen durch, wobei es sogar vorkommen
kann, dass man ein früheres, seinerzeit ad acta gelegtes Muster
wieder aufgreift.
Ihre Aufgabe: Die für
Sie persönlich optimale (oder zumindest den besten Kompromiss
darstellende) Vorgehensweise herausfinden – und dabei bleiben.
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